klären & lösen – Agentur für Mediation in Berlin

Mediation & Transaktionsanalyse

Newsletter 1/2012

Die Transaktionsanalyse geht davon aus, dass uns unterschiedliche Ich-Zustände zur Verfügung stehen. Vereinfacht dargestellt sind im Eltern-Ich Glaubenssätze und Verhaltensmuster unserer Eltern abgespeichert. Äußerungen aus diesem Ich-Zustand beginnen häufig mit „Das macht man so“ oder „Man sollte…!“

Als kleines Kind sind wir grundlegend auf die Versorgung durch unsere Eltern angewiesen. Neben Nahrung sind wir hier vor allem auf die ausreichende Versorgung mit Zuwendung (Strokes) angewiesen. Sehr schnell lernen wir, welche Verhaltensweisen zu einer ausreichenden Versorgung mit Zuwendungseinheiten führen und welche von unseren Eltern abgelehnt werden. Diese Muster werden in unserem Kind-Ich abgespeichert. Wenn wir nun als Erwachsene aus dem Kind-Ich heraus agieren, sind diese Verhaltensweisen zwar geeignet uns mit Strokes zu versorgen aber häufig der Situation nicht angemessen. Beispiele hierfür wären verstummen oder laut werden in Konfliktsituation, weglaufen, andere beleidigen oder sich ärgern. Unsere „Lieblingsreaktionen“ sind diejenigen, die wir sehr früh als Kind gelernt haben. Gemein ist ihnen allen, dass sie nicht zu einer angemessenen Problembearbeitung führen. Zum dritten gibt es in dem Modell noch das Erwachsenen-Ich, aus dem wir mit all unseren Fähigkeiten, die uns zur Verfügung stehen, auf Schwierigkeiten reagieren können.

Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Ansätze aus der Transaktionsanalyse vorstellen, die wir für den Mediationsprozess für hilfreich halten.

Struktur von Transaktionen:

Kommunikation kann parallel laufen. Das bedeutet, dass wir uns z. B. von Eltern-Ich zu Eltern-Ich begegnen. Diese Form der Kommunikation kann im Prinzip ewig weiter laufen, denn nichts stört sie. Störungen treten immer dann auf, wenn die Muster gekreuzt werden. Ein Beispiel: Eine Lehrerin berichtet, dass die Schüler heutzutage, weil sie nur noch vor dem Computer rumhängen, nicht mehr richtig lesen und schreiben können. Die Kollegin pflichtet ihr bei und ergänzt, dass sich die Eltern ja nicht mehr richtig kümmern usw. Diese Abfolge verläuft parallel und solange keine Störung eintritt, fühlen sich beide Seiten auch wohl. Nur: Veränderungen und neue Impulse werden nicht gesetzt. Im Konfliktfall würden sich beide der Unausweichlichkeit des Konflikts versichern.

Für unsere Arbeit als Mediator/innen bedeutet dies, dass wir diese Form der Kommunikation unterbrechen müssen. Eine Möglichkeit der Unterbrechung wäre die Kommunikation zu kreuzen. Wir würden dann z. B. aus dem Erwachsen-Ich heraus agieren und die Parteien auf diese Weise nötigen, ihren Modus zu wechseln. Im oben erwähnten Beispiel könnte dies der Bericht über Chancen eines neuen Lernmodells sein, welches den veränderten Kompetenzen von Schüler/innen Rechnung trägt oder die Frage nach konkreten Unterstützungsmöglichkeiten, welche der Lehrerin erlauben würde ihren Unterricht besser zu gestalten.

Spiele

Auch als Erwachsene ist eine unserer Hauptbestrebungen, Zuwendung und Aufmerksamkeit (Strokes) zu bekommen. Dabei ist es uns im Notfall egal, ob diese positiver oder negativer Art sind. Besser negative Zuwendung als gar keine. Selbst wenn mich all meine Kollegen schneiden und mich immer wieder beleidigen, ist dies noch besser, als wenn ich gar nicht beachtet werden würde.

In der Transaktionsanalyse heißen wiederkehrende Interaktionen, die der Versorgung mit Strokes dienen „Spiele“. Wobei hier nur negative Strokes zu bekommen sind. Hier agieren wir aus dem Kind-Ich heraus, in dem uns nur ein bestimmtes Repertoire an Verhaltensoptionen zur Verfügung steht. All die Möglichkeiten, die wir als Erwachsene haben, auf die Situation angemessen im Hier und Jetzt zu Handeln, werden ausgeblendet. Sich gegenseitig immer wieder Vorwürfe zu machen, bis einer endlich den Raum verlässt, wäre ein solches Spiel.

In der Mediation ist es hilfreich, diese Spiele zu erkennen und sie offen zu legen und mit den Parteien Möglichkeiten des Ausstieges zu erarbeiten.

Discounts

Discounten bedeutet „unbewusst Informationen nicht zur Kenntnis zu nehmen, die für die Lösung eines Problems relevant sind.“ Dies kann auf mehreren Ebenen geschehen. Von der Leugnung der Existenz des Problems, über die Negierung seiner Bedeutsamkeit bis hin zum Ausblenden von Möglichkeiten der Veränderung und der Existenz von Alternativen. Dies kann ich sowohl in Bezug auf meine Fähigkeiten als auch auf die Möglichkeiten des Anderen tun. Im Konfliktfall haben wir es als Mediator/innen fast immer damit zu tun, dass Informationen von den Konfliktparteien (und manchmal auch von uns) in einer bestimmten Art und Weise nicht wahrgenommen werden, so dass der Raum der möglichen Lösungen zunächst einmal als eingeschränkt wahrgenommen wird. Dies hat Folgen: Wird von der einen Seite beispielsweise die Bedeutung oder gar die Existenz eines Problems an sich negiert, die andere ist aber schon auf der Suche nach Alternativen, ist ein aneinander vorbei reden programmiert.

Indem wir als Mediator/innen mit unserem Wissen um die unterschiedlichen Ebenen die Konfliktparteien immer wieder mit diesen Inkongruenzen konfrontieren, ermöglichen wir ihnen ein gemeinsames Arbeiten an ihren Konflikten.

Unsere Arbeit

Eine, wie wir finden, mächtige Intervention in der Mediation ist die Metakommunikation. Indem wir den Konfliktparteien immer wieder ihre Kommunikationstrukturen spiegeln, eröffnen wir ihnen die Chance, diese oft destruktiven Muster zu durchbrechen und konstruktiv ihre Konflikte zu bearbeiten. Unserer Ansicht nach bietet die Transaktionsanalyse hierfür einige interessante Ansätze, die mit unserer Arbeit und unseren Methoden als Mediator/innen, Coaches und Trainer/innen gut vereinbar und kombinierbar sind.

(Michael Cramer)