Führungskompetenzen
und wie eine mediative Grundhaltung sie unterstützt | Newsletter 3/2010
Gesellschaftliche Veränderungen, neue Unternehmenskulturen und neue Formen der Zusammenarbeit (Stichwort Wissensgesellschaft), haben auch die Anforderungen und Erwartungen an Führungskräfte verändert. Führung ist mehr als das Geben von Anweisungen und das Überwachen von Prozessen und Ergebnissen.
Leitungspositionen beinhalten mehrere Aufgabenbereiche: Formale und Soziale. Zu den formalen gehört es, auf die Einhaltung von Regeln zu achten, Verträge zu schließen, Ziele zu formulieren und Ergebnisse zu überprüfen. Zu den sozialen Aufgaben einer Führungskraft gehört es, den Sinn der Arbeit zu stiften, Zusammenarbeit zu fördern, eine vertrauensvolle und produktive Arbeitsatmosphäre zu kreieren, den Mitarbeiter/innen Feedback zu geben und auftretende Konflikte im Team oder in der Zusammenarbeit mit anderen zu moderieren.
Unternehmen sind immer auch Abbild der Gesellschaft in der sie sich befinden. Demokratische Werte und Normen werden von Mitarbeiter/innen nicht an der Tür abgelegt, sondern werden auch in Arbeitszusammenhängen eingefordert. Insbesondere in Teams, die Neues erarbeiten sollen, ist nicht viel Eigenleistung der Teammitglieder zu erwarten, wenn der Führungsstil auf einem Top-down-Modell basiert. Schaut man sich die Ergebnisse an, so zeigt sich immer wieder, dass flachere Hierarchien, mehr Teilhabe der Mitarbeiter/innen an Entscheidungen und eine gute Arbeitsatmosphäre deutlich bessere Arbeitsergebnisse zur Folge haben. Mehr Teilhabe hat aber auch andere Aufgaben zur Folge: Differenzen zwischen Mitarbeiter/innen treten offener zu Tage, unterschiedliche Herangehensweisen müssen ausgehalten und unter einen Hut gebracht werden, in Sitzungen wird mehr diskutiert; dies alles muss moderiert werden. Unterschiedliche Stärken der einzelnen Mitarbeiter/innen gilt es zu erkennen und wertzuschätzen, auch über das klassische Mitarbeitergespräch hinaus.
Unserer Einschätzung nach sind hier Kompetenzen gefragt, die in der Mediation erlernt und eingeübt werden: Empathie, aktives Zuhören, Gesprächsführungstechniken, Moderationskompetenz, Prozesssteuerung, klare Kommunikation, Reframing, Konfliktlösungstechniken, Selbstbeherrschung, Toleranz gegenüber abweichenden Ideen und Methoden, andere zu unterstützen, um nur einige zu nennen.
Teilhabe deckt aber auch Grundbedürfnisse des Menschen ab. Wie die aktuelle Hirnforschung herausgefunden hat, gehören die Bedürfnisse nach Verbindung, also das Angenommensein, das Zusammensein mit anderen und das Bedürfnis nach Wachstum, also lernen und sich weiter entwickeln zu den Grundkonstanten des Menschen. Werden diese Bedürfnisse nicht erfüllt, geraten Menschen in einen Zirkel des Versagens. Sollte dies über längere Zeit andauern, hat dies für die Betroffenen dramatische Folgen. Hier wird noch einmal deutlich, wie groß die Verantwortung von Führungskräften ist, für eine Arbeitsatmosphäre zu sorgen, die die Erfüllung dieser Bedürfnisse ermöglicht. Kompetenzen, die Beschäftigung mit Mediation erlernt werden können, können hier einen wertvollen Beitrag leisten.
All dies geht über den hergebrachten Rahmen hinaus, der zwar die Lösung von Konflikten als Führungsaufgabe ansieht, die Führungskraft damit aber oft alleine lässt. Gerade in dem oben beschriebenen Rahmen eines Unternehmens oder einer Organisation in einem demokratischen Umfeld und auf der Basis der Grundausstattung des Menschen wird deutlich, dass Leitung deutlich weiter gefasst werden muss. Führungskräfte können hier sehr wirkungsvoll agieren, wenn sie denn den Mut und Fähigkeiten haben, gerade auch in schwierigen Situationen auf die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter/innen zu vertrauen und diese zu stärken und sich nicht auf formale Verfahren zurückziehen.