Win-Win statt Kompromiss
Durch Kooperation bessere Ergebnisse erzielen: Roger D. Fisher und das Harvard-Konzept | Newsletter 3/2012
Als Co-Autor des 1981 erschienen Buches “Getting to YES: Negotiating Agreement without Giving In” (erschienen in deutscher Sprache als „Das Harvard-Konzept“ Klassiker der Verhandlungstechnik“) und Mitgründer des Harvard Progam on Negotiation hat Roger Dummer Fisher die Art und Weise, wie wir Konflikte bearbeiten, nachhaltig geprägt. Am 25. August 2012 verstarb im Alter von 90 Jahren an den Folgen seiner Demenzerkrankung.
In seiner langen und vielseitigen Karriere hat Roger Fisher eine Vielzahl von Konflikten und Verhandlungen auf internationaler Ebene positiv beeinflusst. Geboren 1922, studierte Fisher in Harvard, meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst und beendete sein Studium an der Harvard Law School 1948. Seine Kriegserfahrungen, sowie seine Tätigkeit in der Umsetzung des Marshall-Plans zum Wiederaufbau Europas, bestätigten Fisher in seiner Überzeugung, dass ein anderer Umgang mit Konflikten notwendig ist. So wurde er neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Harvard University auch zu einem bedeutenden Berater für internationale Verhandlungen und in Friedensprozessen. Zum Beispiel überzeugte er die Mitarbeiter Ronald Reagans bei einem Gipfeltreffen mit der Sowjetunion 1985, mehrere Treffen dafür zu nutzen Beziehungen aufzubauen und gemeinsam zu brainstormen – anstatt einfach nur stur eine Agenda abzuarbeiten, bei der alle wissen, dass die festgefahrenen Positionen viel zu weit auseinanderliegen.
Roger Fisher: „Frieden ist nicht ein Stück Papier, sondern die Art mit Konflikt umzugehen, wenn er auftaucht.“ (“Peace is not a piece of paper, but a way of dealing with conflict when it arises.”)
Ein zentraler Bestandteil von Fishers Philosophie des sachorientierten Verhandelns besteht darin, Gemeinsamkeiten zu erarbeiten und gemeinsame Interessen zu stärken – anstatt Unterschiede zu betonen und Grenzen zu ziehen – und dadurch die sogenannten win-win Situationen zu erreichen. Selbst in festgefahrenen und scheinbar unlösbaren Situationen ermutigt Roger Fisher auch mal etwas Anderes auszuprobieren und neue Wege zu gehen, um Lösungen zu erreichen. Sein Erbe ist damit eine Inspiration für alle, die Konflikt nicht aus dem Weg gehen, sondern um Lösungen bemüht sind und hat die Mediation, wie wir sie leben, nachhaltig beeinflusst.
Die sieben Elemente für erfolgreiches Verhandeln nach dem Harvard-Konzept lauten:
1. Menschen und Konflikt voneinander getrennt behandeln: Nicht der andere ist das Problem, sondern das Problem ist die Substanz der
Verhandlung
(separate the people from the problem)
2. Kommunikation ist der Austragungsort und das Transportmittel für Konflikte
(be hard on issues, soft on people)
3. Gegensätzliche Positionen zeichnen viele Konflikte aus, aber nicht immer stehen gegensätzliche Interessen dahinter
(negotiate interests, not positions)
4. im Entwickeln von Optionen steckt viel Potential für die Beteiligten aufeinander einzugehen, sich gegenseitig besser zu verstehen und
Angebote zu machen
(invent options for mutual gains)
5. allgemeine Standards bilden eine Grundlage für die Bewertung der Optionen und das Entwickeln von Lösungen
(insist on using objective criteria)
6. alle Beteiligten haben Alternativen zum Verhandeln, wenn die Alternative besser ist, gibt es wenig Grund für Verhandlungen
(develop your BATNA – best alternative to a negotiated agreement)
7. die gemeinsame Lösung bringt alle Beteiligten in der Umsetzung zusammen
(problem-solving leads to cooperation and win-win solutions)
(Dr Eva Malisius, ab Oktober Juniorprofessorin für Friedens- und Konfliktforschung an der Royal Roads University, Victoria BC Kanada.)